21. Oktober 2015 Johannes Wolters

Die INDACHS Kritik zu Ridley Scotts „The Martian“ von Alexander Richter

Mittelmäßiger Film zu einem guten Buch

Das Buch THE MARTIAN über den auf dem Mars gestrandeten Mark Watney (Matt Damon) erfreute viele Millionen über dem gesamten Globus. Der Robinson Crusoe im Weltraum fasziniert nicht nur durch den spannenden Plot, sondern versucht bei jeder Lösung so akkurat wie nur möglich an das Problem heranzugehen. Science, bitch!
Story
Nach einem Unfall wird der Astronaut Mark Watney von seinen Kollegen für Tot gehalten und auf dem Planeten Mars zurückgelassen. Um von dessen Oberfläche wieder runterzukommen muss der Botaniker und Ingenieure einen Weg finden vier Jahre bis zur nächsten Mission zu überleben. Keine leichte Aufgabe auf einem Planet wo Sauerstoff, Wasser und selbst kultivierbare Erde Mangelware sind.

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Regie
Ridley Scott ist vor allem bekannt für actionreiches Kino. Mit Alien, Blade Runner und dem zumindest visuell starken Prometheus hat er sogar drei Schwergewichte des Science Fiction an seinem Gürtel. Dies zeigt er auch eindrucksvoll in The Martian, wenn auch schnell gewisse Parallelen zu Prometheus aufkommen. Der Film ist durchgehen auf einem höheren Level, schnell und zielgerichtet. Sein Handwerk ist solide, aber nicht mehr. Die Ausschnitte wirken zeitweise wahllos und können oft nicht die Beklemmung und Verzweiflung von Mark Watney einfangen. Das Passing ist schnell, eigentlich zu schnell, um einen Prozess zu zeigen und dem Zuschauer die Möglichkeit zu geben, sich emphatisch in die Situation einzufühlen und mitzufiebern.
Die Müdigkeit des Regisseurs zeigt in den zum Teil gestaffelten Texten, die stur von dem Cast vorgelesen werden. Selbst Mr. Watney muss lesen, obwohl er alleine in seinem Rover auf dem Mars sitzt. Diese Art der Präsentation ist weder zeitgemäß, (siehe Sherlock, Social Network und Co.) noch notwendig, wenn der Text in Vollbild präsentiert wird. Gleichzeitig wirkt es, als würde Scott den Zuschauern nichts trauen und blendet Namen und Positionen ein. Nötig wird dies, wenn Charaktere plötzlich mit einer Lösung auftauchen, um gleich wieder bis zum Ende des Films in die Belanglosigkeit zu verschwinden. Den Physiker und Programmierer freut es, wenn Berechnungen mit einem „Correct Calculation“ abgefrühstückt werden, anstatt auf die Reaktionen des Schauspielers zu setzen.
Schauspiel
Matt Damon wirkt ähnlich wie die Regie etwas unmotiviert. Einige Einstellungen erscheinen wie aus dem Kader der Proben und auch ansonsten bleibt er hinter dem charismatischen everybodies darling Mark Watney zurück. In einem Interview verneinte er die Frage, ob er sich in irgendeiner besonderen Weise auf die Rolle vorbereitet hatte. Jemanden zu spielen der verhungernd, auf dem Mars alleingelassen, um sein Überleben kämpft, ist nicht jedem in die Wiege gelegt und ganz bestimmt nicht Matt Damon. Hier wurde eindeutig die Chance verpasst sich mental auf die Rolle einzulassen und damit den Humor besser auszuspielen, der gerade mit der Verzweiflung so erfrischend wirkt.

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Musik & Sound
Disko ist wirklich der einzige musikalische Einfluss der im Gedächtnis bleibt, was irgendwie verschenkt wirkt. Der orchestrale Brei wirkt uninspiriert und trägt kaum zu den Höhepunkten oder atmosphärischen Momenten des Films bei. Damit reiht sich die Musik ein in die hochwertige aber bedeutungsarmen Versuche von Hauptdarsteller und Regisseur. Sie ist keinesfalls schlecht, aber verschenkt wirken.
Es ist sicherlich musikalisch kein Interstellar, dafür ist das Discothema einfach zu stark, aber auf ein Marsthema, dass einen packt, wartet der Zuschauer vergebens.
Buchvorlage
Bis auf einige Kürzungen und kleinere Änderungen wurde die Buchvorlage eins zu eins übernommen. Das tut dem Film und den Fans natürlich gut, zum Teil lässt es beide auch sauer aufstoßen, wenn Details nicht beachtet oder erklärt werden. Irritierend ist es schließlich, wenn das Buch die Ereignisse bedeutend cinematischer erzählt (wie der Zwischenfall mit Versorgungssonde oder dem Zwischendock am Hub) als schließlich im Film. Eine Steilvorlage die der Film vielleicht absichtlich ignoriert, doch ohne Grund. Was passiert ist nämlich, dass sich Ereignisse entfalten und der Zuschauer dazu gezwungen ist sie einfach hinzunehmen. Wieso und woher wird nicht erklärt. (Was hat es mit dem Loch im Dach auf sich?) Vor allem das Gefühl des Alleingelassenes, dass in Moon so ausgezeichnet propagiert wurde und auch in dem Buch eine ordentliche Schwerkraft besitzt wird durch die Schnelligkeit des Films der vielen NASA-Einstellungen, die auch im Buch manchmal fraglich zu der Handlung beitragen.
Auf der einen Seite kann man das Buch während des Films fast mitlesen. Auf der anderen Seite blitzt nur oberflächlich diese Robinson Crusoe/Mac Gyver Stimmung auf, die ein bedeutender Teil des Buches ausmachte.

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Fazit
Direkt enttäuscht kann der Zuschauer, ob mit oder ohne Buch, nicht sein. Ridley Scott hat sich sehr an seine Vorlage gehalten, mit allem was positiv und negativ daran ist. Es ist die Kombination aus uninspiriertem Schauspiel, Regie und musikalischer Untermalung die den Eindruck trüben. Niemand scheint die Sache wirklich ernst zu nehmen und trotzdem erkennt man an dem Ergebnis, dass der Film mit eine hohen Budget auffährt, die zumeist hochwertigen VFX ging. Auch wenn „schweben“ seit Jahren nicht mehr so getrickst aussah.
Kein Spektakel, aber auch keine direkte Enttäuschung. Für Fans sicherlich sehenswert.

 

Alexander Richter

(Link zur Website von Alexander Richter)

 

 

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