20. Dezember 2017 Johannes Wolters

Hier die INDAChs Kritik von Kris van Alphen zu „FERDINAND“ von Carlos Saldanha

El Toro Ferocio Ferdinando

Kris van Alphen

1936 erschien die Kurzgeschichte „The Story of Ferdinand“ von Munro Leaf mit Zeichnungen von Robert Lawson. Die erste Verfilmung des Büchleins liess nicht lange auf sich warten. 1938 kam Walt Disneys Version raus, eine sehr getreue Adaptation von Buch und Zeichnungen, man könnte fast sagen: eine animierte Version der Buchillustrationen, sogar die Blumendeko des Buchcovers wurde identisch im Titelbild des Kurzfilms verwendet.
Was Walt Disney 1938 in knapp 8 Minuten erzählte, soll nun – fast 80 Jahre später – zum Kinofilm aufgepimpt werden. Klar ist: im Jahr 1936 galt das Buch in Spanien und Italien als subversiv, denn in Spanien herrschte Bürgerkrieg, und ein Stier, der nicht kämpfen wollte, kann tatsächlich als bedrohliches Symbol von Rebellion und Pazifismus verstanden werden. Der Unterton der Subversion hat auch heute nicht an Kraft eingebüßt – ob man ihn allerdings noch in der Deutlichkeit von 1936 allgemein erkennen kann ist eher zweifelhaft.
Grundsätzlich ist zudem das Vorhaben, ein dünnes Büchlein zum Kinofilm pimpen zu wollen nicht leicht. Da kann man viele Wege nehmen, die nicht vorher festgeschrieben sind. So hätte ich gerne mehr über das Vater-Sohn Verhältnis, das nur am Anfang des Films auftaucht, erfahren wollen. Mein Kinonachbar hat dann wieder die Ferdinand-Nina (das kleine Mädchen)-Beziehung, die ausführlich aufgebaut und nur am Ende noch mal kurz erwähnt wurde, vermisst. Der Regisseur Carlos Saldanha scheint jedoch bewußt ausschließlich die Ferdinand Story gewählt zu haben. Es ist Ferdinands Geschichte die erzählt wird („stay with Ferdinand“) mit einer einzig deutlichen Botschaft: „Being true to who you are!“ Damit hat sich Saldanha für eine eindimensionalere Erzählrichtung mit einem ziemlich klassischen Animationsmuster entschieden und das geht so: die Hauptfigur kriegt einen lustigen Gegenspieler als Weggefährten mit, die beruhigende Ziege (calming goat) Lupe. Dieses Muster ist bekannt aus zahlreichen Disney & Dreamworksfilme wie z.B. der (nicht so beruhigende) kleine Drache Mushu in Mulan, der Esel in Shreck und viele mehr. Daneben werden in der Regel weitere (lustige) Nebenfiguren gestellt, die als Helfer oder Dei ex Machina fungieren, oft 3 an der Zahl: die Igel Una, Dos und Cuatro. Im Glöckner von Notre Dame sind diese der Wasserspeier Victor, Hugo und Laverne.
Insgesamt ist der Film also ein handwerklich gutes Machwerk, schön ausgestopft mit lustigen und gelungenen Gags, die zu einer guten Unterhaltung beitragen. Allerdings schwingt diese nicht lange nach. Dafür ist die Story einfach zu flach erzählt. Damit ist dieser Film also längst nicht so stark wie Saldanhas frühere Filme und einen zweiten Ferdinand als Fortsetzung halte ich auf dieser Grundlage für unwahrscheinlich. Ferdinands Geschichte ist mit diesem Film zu Ende erzählt. Irgendeine Art von Köder, der zu einer Fortsetzung führen könnte, habe ich nicht erkennen können. Erwähnenswert ist jedoch die hervorragende Filmmusik von John Powell mit einem wunderbaren spanischen Touch. Außerdem auch die Hoffnung, die Carlos Saldanha uns im Rahmen seiner Lesung selbst machte, daß nämlich Animatoren heute wieder eher in 2d als 3d ausgebildet werden. So wurden u.a. die ersten Animationstests für den Film alle in 2d gemacht da man man so Bewegung und Emotion der Charactere viel schneller testen kann.

Haleluja und Frohe Weihnachten

Kris Van Alphen

http://www.fox.de/ferdinand-geht-stierisch-ab

 

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