4. Juni 2020 Johannes Wolters

Täglich einen Kurzen: „Hallo“ von Alexander Gellner

HALLO short film from Gellnerism on Vimeo.

Ein bisschen über das Projekt

Als ich vor einigen Jahren am Osthafen ein kühles Getränk und die Aussicht auf die Spree genoß, kamen zwei Junge Männer ins Sichtfeld, die offenbar ihrerseits schon einige kühle Getränke genossen hatten bzw. gerade noch genießen. Einer lief etwas voraus und drehte sich alle paar Schritte zu dem hinter ihm schlurfenden Mann, und ermahnte ihn mit einem aufgekratzen, nörgligen „Hallooooo“ etwas schneller zu laufen. Wahrscheinlich hatten sie irgendwo einen wichtigen Termin. Der etwas langsamere Mann war aber auch derjenige, der den Böllerwagen zog, was gepaart mit dem offenbar schon geminderten Gleichgewichtssinn, schwerer war als das freihändige Gehen. Dies merkte er auch in seiner Erwiderung an, gleichwohl mit einem noch genervterem „Hallllooooooo?!“, wobei eine spielerische Neckigkeit mitschwang.

So wurden in der kurzen Szene zahllose Hallos ausgetauscht, jedes hatte seine eigene Bedeutung. Eine schöne Szene wie sie das Leben schreibt. Seit diesem Tag stand in meinem Skizzenbuch: „Kurzfilm: Zwei Männer, Bollerwagen, viel Hallo.“

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Straight Ahead Impro Animation

Ich hatte schon seit längerem Lust, einen Kurzfilm zu machen, der mehr wie im Improtheater funktioniert, wo am Anfang vielleicht ein Ort definiert wird und alles weitere sich ergibt. So kam mir die Idee für Hallo wieder in den Sinn.

Sie kennen ja die zielführende Methodik des Trickfilm, wo man von Konzept über Drehbuch, Storyboard, Animatic, Animation und soweiter einen Film fertig kriegt. Das ist sicherlich die passende Art einen Film zu machen, vor allem wenn es dabei Teams zu managen, Auftraggeber zu befriedigen und Budgets zu halten gilt – jedoch die spontanste ist sie nicht.

Die Idee für meine kleine Produktion ist also, den Film so entstehen zu lassen, wie die Protagonisten in die Szene kommen, einen wackeligen Schritt nach dem nächsten. Es kostete mich eine gewisse Überwindung, ein Projekt anzufangen, von dem ich nicht wußte, wie es enden würde, Jedoch war jeder Tag Animation an diesem Projekt so spannend, dass sich diese Frage irgendwann erledigt hatte. Ich fiel nach vorne, eben wie ein in unserem Sinne angeheiterter Flaneur, bei dem man nicht so recht weiß ob es noch ein Gehen ist, oder nur eine immer hastigeres Vermeiden von Sich-hinmaulen.

So plante ich immer nur einige Sekunden voraus, und ließ beim Animieren Ideen, die sich offenbarten, einfließen. Ich animierte Straight Ahead auf Vieren und Dreien, wobei später noch Inbetweens von Rachel gezeichnet wurden. Aber dadurch konnte selbst die Art wie ich spontan einen Charakter animiere, den nächsten Moment inspirieren – was ist, wenn aus dem Bollerwagen ein dritter Freund purzelt? Die beiden ersten Männer sind eher steif und wackelig, vielleicht ist der Dritte zwar auch besoffen, aber eigentlich ein Tänzer oder Yogi mit einem viel weiteren Bewegungsreportoir.

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Schon haben wir eine gewisse Würze in der Art der Animation. Das hätte man auch vorher planen können, aber vielleicht wäre man in der Drehbuchphase gar nicht drauf gekommen – ich zumindest wußte am Anfang nicht, dass überhaupt ein dritter Mann zum Ensemble stößt.

Dann kann man vorsichtig neue Elemente einführen. Was passiert, wenn nun eine Joggerin vorbei kommt? Oder ein Gassigänger mit seinem Hund, und wieviele verschiedene Hallos können wir einbauen?

Auf jede kleine Bewegung zu achten, zu sehen, was wirklich in der Szene ist, und dann einfach aus den alltäglichen Erfahrungen zu schöpfen, das war auch ein Annäherungsversuch an die Methodik des Improtheaters.

Ich glaube, diesen Ansatz zumindest szenenweise in Shows wie „Midnight Gospel“ wiederzuerkennen. Ich kann mir vorstellen, dass die Regie hier dem Animator sagt „in der Szene von Sekunde 12 bis 20 soll der Präsident mit dem Sniper Rifle irgendwas lustiges machen, während der andere Charakter über Legalisierung von Weed schwadroniert. Schlag mal was vor.“ Das ist sicherlich eine Methode, mehr Kreativität einfließen zu, und das auch im professionellen Kontext.

Insgesamt habe ich fünf Wochen an dem Film gearbeitet und ich bin froh, wieder mal eine kleine eigene Sache fertig bekommen zu haben. Man kann allerdings auch einfach kürzere Szenen so ähnlich angehen, ob als Übung für den Feierabend, oder als Wochenprojekt an der Uni. Ich denke, es gibt hier viel zu lernen, wenn man einige Storytelling-Basics bereits verinnerlicht hat.

Alexander

Alexandergellner.de

instagram.com/gellnerism

Credits:

Animation: Alexander Gellner, Rachel Romanowsky

Drehbuch: Alexander Gellner

Produktion: Alexander Gellner

Regie: Alexander Gellner

Sales Agent: Alexander Gellner

Sound Design: Herren von Zzett

Sprecher*in: Niklas Kröger, Julian Graf, Christopher Herrmann, Daniela Gellner, Alexander Gellner

Sound Editing: Herren von Zzett

Text: Alexander Gellner

 


            
            
                                    
                        
                        
                
                    
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