29. September 2020 Johannes Wolters

Zeitgemäße Adaption von „Pan Tau“ kommt ins Fernsehen

ARD/WDR, 30.7.2020: Pan Tau ist die moderne Neuauflage der gleichnamigen tschechischen Serie aus dem Jahr 1970. Der stumme Titelheld mit Anzug und Melone lässt diverse Familien Abenteuer durchleben.
Elegant, schweigsam und doch für jede Menge fantastischer Überraschungen gut – Pan Tau (Matt Edwards)
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Der Westdeutsche Rundfunk hat maßgeblich mehrere Generationen Zuschauer durch seine Kindersendungen medial geprägt, mit „Kasper und Rene“, „Hase Cäsar“„Spaß am Dienstag“, vor allem mit den durch Gerd K. Münterfering initiierten Koproduktionen mit den tschechischen Barrandov-Studios: „Die Märchenbraut“, „Luzie, der Schrecken der Straße“ oder “Die Besucher“- unvergessen die verschiedenen Serien mit Pan Tau ausgedacht und verfilmt von Ota Hofman und Jindrich Polak. Pan (tschechisch für “Herr“) Tau war der gütige und zauberhafte Freund der Kinder, für die Erwachsenen selten sichtbar, immer unerkannt, ein märchenhafter Cousin von Mary Poppins und Peter Pan, aber auch über drei Ecken unzweifelhaft verwandt mit Monsieur Hulot. Ein zaubernder, bezaubernder Katalysator, der immer das Beste in den Menschen zum Vorschein brachte, der im besten Sinne die naive, gutmütige kindliche Unschuld repräsentierte und wahrte – und dank dem eine Kinder-Welt möglich wurde, in der Träume mittels einer magischen Melone wahr wurden. Die Figur war dabei selten die Hauptfigur, sondern ein randständiger Ermöglicher von phantastischen, charmanten Geschehnissen. Pan Tau war stumm, agierte allein durch Körpersprache und Taten, war immer perfekt gekleidet, konnte sich klein zaubern und mittels seines kleinen Flugschiffes überall auftauchen und wieder verschwinden. Da brauchte, musste, durfte nichts erklärt werden. Wer das Konzept visuell nicht verstand, war auf die schlimmste Art erwachsen geworden, dem war nicht mehr zu helfen. Die Staffel mit Familie Urban war auf verschiedene Weisen der Höhepunkt der Serie – die immer in Prag spielende Serie zeigte da eine kleinbürgerliche Familie hinter dem eisernen Vorhang mit alltäglichen Problemen und Träumen jenseits jeglicher Ideologie. Dabei profitierte die Serie von einem phantastischen Hauptdarsteller und begnadeten Phatomimen, Otto Simanek (1925-1992), aber auch von den Trickeffekten und nicht zuletzt von der beschwingten Musik von Vlastimil Hala, Jiri Malasek und Jiri Bazant.

https://www.ardmediathek.de/daserste/sendung/pan-tau/staffel-1/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3Bhbi10YXU/1/

Nun also, rund 30 Jahre später die „zeitgemäße Adaption“ durch Caligari Film in Zusammenarbeit mit dem WDR und MDR, jetzt für den Weltmarkt auf englisch gedreht und erfolgsorientiert konzipiert von einem Komitee von Fernsehsendern, Filmförderern, Produzenten, Autoren und Stoffentwicklern. Laut Vorspann basiert die Serie und Figur immer noch auf den Vorgaben von Hofman und Polak, aber nach Sichtung der 7 x 2 Folgen kann man beruhigt feststellen, dass das alles nichts mehr mit der Originalserie zu tun hat. Der „neue“ Pan Tau ist vielmehr ein Remake der britischen Science Fiction Serie „Dr Who“ in der der Namensgeber die blaue Tardis gegen eine schwarze Melone eingetauscht hat und nun aus Harry Potter-haften Erwägungen in einer englischen Schule namens Westpark in einer Vitrine im Eingangsbereich rumsteht und sich ungefragt in die Leben der Schüler einmischt – vermutlich angedacht als eine Art Schulgeist ähnlich dem fast Kopflosen Nick in Hogwarts, allerdings ohne dessen Charme und Naivité. Und aus vermutlich pädophilen Schreckensüberlegungen wurde politisch korrekt aus den Kindern vorsichtshalber Teenager undefinierbaren Alters, aus dem gütigen stummen Zauberer ein umtriebiger jonglierender Variete-Magier a la Teller. Und der Look und der Habitus der Eltern und Erwachsenen ähnelt verdächtig der häkeldeckchenstickenden Betulichkeit von Inspektor Barnaby. Die Märchenhaftigkeit der Vorlage weicht also einer Fantasy-Dutzendware, die man bereits vergisst, während man sich die Folgen noch anschaut. Drollig geradezu die Bemühungen der Fernsehmacher, jetzt alles verbal zu erklären, wozu es früher vielleicht eines verschmitzten Blickes bedurft hätte. Im Vorspann der Serie heisst es nun allen Ernstes „Wer Pan Tau ist? Manche sagen ein Alien. Oder ein Zauberer von einem anderen Stern.“ Weißer Schimmel, ick hör dir trapsen… Da passt es doch, dass bei dieser rücksichtslos aus Versatzstücken erfolgreicherer und damit nachahmenswerten Vorlagen zusammengeklebten Melange auch das Musikthema der Serie verdächtig nach dem Soundtrack des Spielberg/Williams Film „Hook“ klingt. Die Kenner der alten Serie sollten sich den nostalgischen Blick auf ihre Fernsehkindheit nicht durch das Anschauen der neuen Serie trüben lassen, die aktuelle Teenager-Generation, das neu anvisierte Zielpublikum wird gelangweilt oder genervt wegswitchen.

 

VFX von Mackevision: JuriStanossek, Jan Burda, Heiko Burkardstmaier, Iggy Rau , Apollonia Hartmann

VFX von Batelion: Andreas Alesik, Ben Siepmann, Chris Weingart, Doron Kamara

 

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