25. Mai 2016 Johannes Wolters

Bemerkungen zur Preschool-Falle des deutschen Animationsspielfilms

Als Reaktion auf den INDAC Blog-Post „Währenddessen in Deutschland… “ , den ich unter anderem in der FB Gruppen INDACHS, sowie INDAC Group und auch in den  „Deutschsprachige Animatoren“ verlinkte, habe ich eine Reihe von Kommentaren erhalten, die ich beantworten wollte.

Die Antwort wurde immer größer und umfangreicher, so dass ich sie hier jetzt als neuen Artikel auf den Blog stelle! Bitte teilt diesen Beitrag, wenn er Euch gefällt!

Ich würde mich über weitere Kommentare eurerseits sehr freuen:

Inzwischen sind soviele Kommentare zu diesem Beitrag eingegangen, dass ich sie in weiteren Blogeinträgen veröffentlicht habe. Hier sind die Links zu diesen Blogeinträgen

Teil 1

Teil 2

Teil 3

 

Bemerkungen zur Preschool-Falle des deutschen Animationsspielfilms

von Johannes Wolters

Ich finde, das Preschool-Filme durchaus ihre Berechtigung haben, aber ich finde auch, dass diese Filme aber auch so gar nichts im Kino verloren haben, diese Produktionen gehören nachdrücklich auf BluRay, DVD oder direkt ins (Pay-)TV. Meine Meinung!

Warum? Aus gleich mehreren Gründen. Zum einen überfordern sie immer irgendein Kind,  – falls wer mal eine Kindergartengruppe im Kino erlebt hat, wird dies bestätigen können: einige Kinder kommen gut mit der Dramaturgie zurecht, andere sind überfordert, wiederum dritte sind unterfordert, die Länge ist ein Problem, selbst Ansätze von Spannungsbögen oder ein größerer Handlungsbogen über mehr als 60 Minuten können und werden Kleinkinder überfordern. Unruhe, Geschrei und Weinen sind die regelmäßige Folge. Das führt bei den Filmemachern dann in der Folge bei weiteren Projekten zu einer Absenkung der Dramaturgie des Film-Erzählens, die dann keine echten Film Höhepunkte mehr haben darf, um Kinder nicht zu sehr zu fordern. Mir persönlich fiel das bei den Rothkirch Produktionen von Lars Eisbär und Lauras Stern zum ersten Mal so richtig auf. Das führt nicht nur mittelfristig zu einer Unterschätzung von Kindern als Publikum (ist doch nur ein Trickfilm für Kinder, da kann man nichts erwarten…) das führt auch zum nachvollziehbaren Verlust der Vorführ-Termine im Kinosaal um 17 Uhr und um 20 Uhr, das schließt also ein erwachseneres Publikum aus, die doch eigentlich als Eltern oder Begleiter mit den Kindern zusammen gucken sollten. Diejenigen Erwachsenen, die dann dennoch in die Preschool-Filme mitgehen, langweilen sich entweder zu Tode, oder aber gehen bei der Vorführung ins innere Exil.  Wir könnten hier grundsätzlich mal darüber streiten, ab wann ein Kind ins Kino gehen sollte, aber dies führt vielleicht zu weit, deshalb zurück zum eigentlichen Thema. Was dann aber auf Filme wie Mullewapp, Kleine Drache Kokosnuss, Trenk und Co. folgt, ist der Rückschluss der Erwachsenen: Animation ist doch nur für Kleinkinder, den Vorbehalt wiederum machen sich dann Produzenten und TV Redakteure zu eigen und so schliesst sich der Kreis mit der anschließenden, nächsten, noch „Kleinkindgerechteren“ Kino-Produktion. Ich gehe dabei davon aus, dass die zwingend durch deutsche Fernseh-Sender cofinanzierten Spielfilme wirklich für das Kino hergestellt werden und nicht einfach nur verkappte Fernsehproduktionen sind, die man mittels Kinoförderung für den Eigenbedarf des Senders herstellt. Iris Berben, die Präsidentin der deutschen Filmakademie, hat in einem Interview gegenüber dem Autor dieses Textes immerhin  die Meinung geäußert, dass nach ihrer Wahrnehmung in Deutschland generell keine Kinofilme, sondern nur noch TV-Filme produziert würden. So scheitern dann wirkliche, große Animations-Filme an der Kinokasse  – wie z.B. „Song of the Sea“/“Die Melodie des Meeres“ von Cartoon Saloon. Für diese bezaubernde europäische Produktion, die international Aufsehen erregte, wären Zuschauer sicherlich auch um 20 Uhr in die Kinos gegangen, wäre der Film denn da auch gelaufen. Da er aber nicht um diese Uhrzeit lief (Preschooler gehen nur bis 15 Uhr ins Kino!) und auch nicht durch das Label der US-amerikanischen Mayors geadelt und marketingmäßig gepusht wurde, fand das Zielpublikum nicht zu diesem Film. Weitere zahlreiche Beispiele ließen sich niederschmetternder Weise weiter anführen: The Boy and the World,  Miniscule, Alois Nebel … Cartoon Saloons früherer Film „Brendan und das Buch von Kells“ (immerhin auch oscarnominiert) kam dann, wie so vieles andere auch, erst gar nicht nach Deutschland in die Kinos. Weil der Film die Preschooler dermaßen überfordert hätte, so die Argumentation deutschen Verleiher,-  weil dort Wikinger historisch korrekt, aber eben anders als bei Wickie dem Wikinger und so den Erwartungen von Verleihern und Redakteuren entgegen, ein irisches Kloster überfallen, brandschatzen und morden. Natürlich waren die Preschooler gar nicht die angestrebte Zielgruppe der Macher, aber das war den deutschen Verleihern wieder egal. So kommen aber eine Reihe von hochgelobten Jugend- oder Erwachsenenfilmen nicht mehr nach Deutschland: Pars pro toto: Um Filme auf der Leinwand sehen zu können wie Roger Allers „The Prophet“ nach Khalil Ghibran, muß man auf Festivals fahren. Heute undenkbar erscheinen damalige Filmstarts von Produktionen wie „Watership Down“, Die Hunde sind los“, „Wenn der Wind weht“, ganz zu schweigen von Ralph Bakshi-Filmen wie „Fire and Ice“ oder „Fritz the Cat„. Miyazakis „Mein Nachbar Totoro“ hat die deutschen Leinwände auch nie erreicht. Gestandene Filmkritiker behaupten ernsthaft, mit „Anomalisa“ hätte der Animationsfilm endlich versucht „erwachsen“ zu werden. Das Gegenteil ist der Fall, die „Ausnahme“ Anomalisa bestätigt die falsche Grundeinstellung der deutschen Erwachsenen – Trickfilm wird hierzulande als Subgenre des Kinderfilms wahrgenommen und hat sich an Preschooler zu richten. Animation ist aber dummerweiser ein eigenständiges Medium, das selbstbewusst und gleichwertig neben dem Realfilm stehen sollte. Selbst kommerziell hocherfolgreiche Gegenbeispiele, wie Pixar, Dreamworks. Ghibli, Illumination und Disney, also intellektuell und kommerzielle Glücksfälle wie Ratatouille, Toy Story III, Oben, Alles steht Kopf, diese Ausnahme-Filme werden brüsk mit dem Totschlagsargument abgetan, dass diese Produktionen ja von den Studios sündhaft teuer produziert würden,  deshalb könne man da in Deutschland nicht gegenhalten, (was im Umkehrschluss nichts anderes zu heißen scheint, als das „mit unseren läppischen paar Millionen Euros hier man sowieso nichts Anständiges produzieren kann! Warum also sich überhaupt anstrengen?“) Was mich so irritiert, ist die geradezu hochnäsige Art und Weise, wie man dann mit dem Preschool-Publikum in der Folge umgeht. Der erzählerische Niedergang der letzten Jahre innerhalb der deutschen Animationsfilme ist gemessen an Flachheit und Lieblosigkeit nicht mehr zu leugnen. Drehbücher, wie das von „Der kleine Medicus„, „Ritter Trenk“, „Der Mondmann“ etc. sind einfach schlimm, ich bitte um Aufklärung, wenn ich da irgend etwas verpasst haben sollte. „Was solls! Merken die Kinder nicht, die sind ja noch so klein, die freuen sich doch über alles. Dazu noch Popcorn und Cola! Brauchen wir uns keine Gedanken zu machen!“  Kurzes Erinnern: Wer erinnert sich noch an „Derrick – Der Film“? Wer hat „Dieter Bohlen – der Film“ gesehen? Was wurde damals über diese Filme zurecht abgelästert. Aber sind wir ehrlich! Sind wir nicht inzwischen soweit, dass wir jetzt sagen müssen: „Verglichen mit heute, sind diese Filme damals gar nicht so schlecht gewesen, die haben sich was getraut!“ Gut, von einem erneuten Ansehen würde ich aber auch wieder dringendst abraten, natürlich haben diese Filme damals auch eine Menge zerstört.  Aber schauen wir uns doch mal die Gegenwart an und fragen uns: Würden frühere Klassiker, also Filme wie Bambi, Dumbo, Schneewittchen, Pinocchio, Fantasia, Der dunkle Kristall, Das letzte Einhorn heute wirklich einen deutschen Verleiher finden? Oder genauer formuliert: Käme ein deutscher Trickfilm-Produzent mit einem dieser Drehbücher der vorgenannten Filme unter dem Arm zu den TV-Anstalten oder entsprechenden Fördergremien – wie weit würde sie oder er damit kommen? „Wie? Bambis Mutter wird erschossen? Ne, das geht ja gar nicht, da fangen die Kleinen ja an zu weinen…, ne dass müssen Sie ändern!“ Ich überlege mir im Geiste immer gerne, was diese Gremien und Redakteure Walt Disney oder John Lasseter erzählen würden, kämen die mit Toy Story oder Dschungelbuch durch die Tür. Zu weit hergeholt? Vielleicht, aber machen wir die Probe aufs Exempel: Wieviele der Gewinner bzw. wieviele der nominierten Filme für den europäischen Filmpreis in der Kategorie Animation kennen wir denn hierzulande aus dem Kino? Der Preis wird seid 2009 jährlich vergeben. Und die dort aufgeführten Titel zeigen deutlich: die deutsche Preschool Attitüde ist dem restlichen Europa  ziemlich fremd. So finden sich Biene Maia und Co auch nicht unter den Nominierten. Nicht ein deutscher Film findet sich bislang unter den Nominierten. Drei immerhin mit deutscher Beteiligung: „The Congress“, „Alois Nebel“ und „Niko – Ein Rentier hebt ab“. Und welche der Nominierten, die dann doch irgendwie  und regelmäßig unbemerkt in Deutschland im Kino liefen, haben wir uns dann auch wirklich im Kino persönlich angeschaut? Wir haben ein Problem in Deutschland zu konstatieren, wenn es um deutsche und europäische Animationsfilme im Kino jenseits von fünf Jahren aufwärts geht! Auf der Verleiher-Seite, auf der Fernseh-Seite, auf der Publikums-Seite, auf der Feuilleton-Seite, auf der Seite der Animationschaffenden. VDF Kino informiert über die Starttermine der kommenden deutschen Produktionen und das sieht nicht gut aus: 2019 starten Kleiner Rabe Socke Teil 3 und Biene Maia Teil 3. Bis dahin Ritter Rost, Mullewapp, Molly Monster und ähnliches! Also Sendung mit der Maus, Sandmännchen oder Siebenstein und Co.  Dagegen stehen:  Manou the Swift von Luxx, Ambients Happy Family und Reza Memaris Richard the Stork  – Diese Produktionen werden mit ihren originären Geschichten Gefahr laufen, zwischen den amerikanischen Produktionen und dem deutschen Preschool-Kino aufgerieben zu werden. Und noch ein Punkt: vielleicht haben wir wirklich gute Autoren hier in Deutschland, zeigen dürfen sie ihr Können jedenfalls bislang nicht. Das führt auch gerne dazu, dass diejenigen, die meinen, Ahnung zu haben, was hierzulande geht oder nicht, die Produzenten nämlich dann auch gerne rasch mal selber das Drehbuch schreiben. Ergebnisse sind dann solche Blockbuster wie Konferenz der Tiere oder Ritter Rost. Erich Kästner wäre mit der Umsetzung seines Buches wahrscheinlich nicht einverstanden gewesen, vermutlich hätte er sogar seine pazifistische Grundeinstellung über den Haufen geworfen, wäre er auf die Macher des Spielfilms persönlich gestossen (meine Meinung!) Und was die intellektuellen Erwartungshaltungen in Deutschland angeht: FAZ-Mit-Herausgeber Jürgen Kaube echauffierte sich ja in seiner legendären Video-Kritik, dass der Film von Jon Favreau  ja so gar nichts für kleine Kinder sei. Richtig erkannt! Preschooler waren nicht das Zielpublikum, sondern das war pures Family Entertainment ab 10 Jahren – aber warum ist das für Herrn Kaube ein Argument gegen den neuen Film? Er liest seinen dreijährigen Enkeln hoffentlich auch nicht die originale Buchvorlage von Rudyard Kipling vor. Also bleibt die Frage, wie bekommen wir den deutschen Animationsfilm aus der Preschool-Falle wieder heraus? Was tun?

  Ich freue mich auf Eure Kommentare, die ich gerne hier veröffentlichen würde!

Und jetzt nochmal der Trailer von Watership Down von 1978 – Wieviele No Go Areas haben wir uns inzwischen hierzulande geschaffen, wenn ich mir das nochmal anschaue!

Kommentar von Wolfram:

Guter Kommentar! Mir stinkt es auch gewaltig! Ich bin sehr froh nicht heute aufwachsen zu müssen.. und wenn ich ein Kind hätte, würde ich ihm lieber Klassiker zeigen. Komischerweise schaffen es amerikanische Produktionen auch die Preschool-Gruppe zu erreichen und die Eltern trotzdem nicht zu langweilen. Man denke dabei z.b. an Frozen, das in Kindergärten ein Hit ist.. und trotzdem nicht auf dem gehirnamputierten Niveau deutscher Preschool-Filme.
Zumal sind diese Filme oft für Kinder viel zu lang.. in Skandinavien z.b. gibt es halbstündige Vorführungen an den Nachmittagen, und die Einnahmen durch Getränke und Popcorn sind genauso hoch wie bei Langspielfilmen.

Irgendwie befindet sich Deutschland in einer Einbahnstraße… nicht nur was Animationsfilme angeht. Im Bereich Realfilm hat man das Gefühl, dass Deutschland nur für DDR-Romantik, Stasi-, Nazi-Filme und Sozialdramen bekannt ist. Auch hier traut sich niemand wirklich etwas, z.B. eine schwarze Komödie zu machen wie es sie in Dänemark gibt. Stattdessen wirft man die Filmförderung amerikanischen FX-Blockbustern hinterher. Ich sehe da wirklich schwarz, und denke als Animationsschaffender ernsthaft daran auszuwandern, z.b. nach Canada oder Irland wo es reihenweise erwachsene Produtkionen gibt, auch im 2D Bereich.

Die Kollegen, die jetzt über die ganzen 3D-Preschool Filme jubeln, gucken sich auch langsam um. Die Produktionen sind nämlich äusserst schmal geplant (liegt es evtl. daran das sie wg der kleinen Zielgruppe nur auf Filmförderung angewiesen sind?). Ich bekomme mit das immer mehr Produktionsanteile outgesourced werden.. nach China etc.. auch schon im Bereich 3D-Animation, Storyboard. Ritter Rost 2 wird in gänze in China animiert (ich habe sogar das Studio besucht), Rabe Socke natürlich auch, Molly Monster ebenso, und Biene Maja soweit ich weiß in Australien? Ist ja auch ganz normal mittlerweile.

Aber die Filme wie z.B. Song of the Sea schaffen nachhaltig Arbeitsplätze für viele Leute, da sie einen Qualitätsanspruch haben und größtenteils in Europa produziert werden.

Jan Buechse schrieb:

Interessanter Kommentar, aber meines Erachtens wird wieder auf die bestehenden Strukturen, die Verleiher und sonst wen verwiesen, um den suboptimalen Zustand der Animationsindustrie in Deutschland zu begründen. In Zeiten von Crowdsourcing und anderen Mittelgebern sollte sich Qualität,die das Publikum anspricht auch so durchsetzen lassen. Bei den Sendeanstalten und Filmförderungsläden geht es natürlich immer nur um kulturelle Identität, siehe… http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/oeffentlich-rechtliche-mit-fragwuerdigen-strukturen-13727340.html

 

Comments (7)

  1. Wolfram

    Guter Kommentar! Mir stinkt es auch gewaltig! Ich bin sehr froh nicht heute aufwachsen zu müssen.. und wenn ich ein Kind hätte würde ich ihm lieber Klassiker zeigen. Komischerweise schaffen es amerikanische Produktionen auch die Preschool-Gruppe zu erreichen und die Eltern trotzdem nicht zu langweilen. Man denke dabei z.b. an Frozen, das in Kindergärten ein Hit ist.. und trotzdem nicht auf dem gehirnamputierten Niveau deutscher Preschool-Filme.
    Zumal sind diese Filme oft für Kinder viel zu lang.. in Skandinavien z.b. gibt es halbstündige Vorführungen an den Nachmittagen, und die Einnahmen durch Getränke und Popcorn sind genauso hoch wie bei Langspielfilmen.

    Irgendwie befindet sich Deutschland in einer Einbahnstrasse.. nicht nur was Animationsfilme angeht. Im Bereich Realfilm hat man das Gefühl, dass Deutschland nur für DDR-Romantik, Stasi-, Nazi-Filme und Sozialdramen bekannt ist. Auch hier traut sich niemand wirklich etwas, z.b. eine schwarze Komödie zu machen wie es sie in Dänemark gibt. Stattdessen wirft man die Filmförderung amerikanischen FX-Blockbustern hinterher. Ich sehe da wirklich schwarz, und denke als Animationsschaffender ernsthaft daran auszuwandern, z.b. nach Canada oder Irland wo es reihenweise erwachsene Produtkionen gibt, auch im 2D Bereich.

    Die Kollegen, die jetzt über die ganzen 3D-Preschool Filme jubeln, gucken sich auch langsam um. Die Produktionen sind nämlich äusserst schmal geplant (liegt es ev. daran das sie wg der kleinen Zielgruppe nur auf Filmförderung angewiesen sind?). Ich bekomme mit das immer mehr Produktionsanteile outgesourced werden.. nach China etc.. auch schon im Bereich 3D-Animation, Storyboard. Ritter Rost 2 wird in gänze in China animiert (ich habe sogar das Studio besucht), Rabe Socke natürlich auch, Molly Monster ebenso, und Biene Maja soweit ich weis in Australien? Ist ja auch ganz normal mittlerweile.

    Aber die Filme wie z.b. Song of the Sea schaffen nachhaltig Arbeitsplätze für viele Leute, da sie einen Qualitätsanspruch haben und grösstenteils in Europa produziert werden.

  2. Sonja

    …Guter Kommentar. Um aus der Pre-school-Falle heraus zukommen müsste erst mal die Filmförderung und die Produzenten erkennen, dass es überhaupt eine Falle ist. Es gibt halt in Deutschland immer das Motto: Mehr vom gleichen. Gut, das gibt es auch in amerikanischen Studios, aber sie trauen sich eben genau so oft auch, etwas neues zu wagen. Was mich ehrlich geschockt hat bei der diesjährigen ITFS war die Einsicht, nun müsste, könnte, sollte, man viieellleicht mal anfangen mit Family-Entertainment. Ja, das hätte man auch schon vor 10 Jahren mal überdenken können. Leider gibt es in Deutschland aber die Kluft: Pre-school oder Erwachsenenkino. Totales Merchandising (Prinzessin Lillifee) oder so anspruchsvoll und abgedreht, dass es es sich nur eine winzige Zielgruppe anschaut. Das letztere hat oft nicht funktioniert (seltsam seltsam). Daher lieber gar nichts Neues wagen. Dass ein Film aber eine gute Story haben kann, kindgerecht sein kann und dennoch auch die Erwachsenen unterhalten kann, das wird von vornherein ausgeschlossen. Das importieren wir lieber aus Amerika. Es stimmt: Das Argument Geld ist nur vor geschoben. Denn eine gute Story ist einfach eine gute Story und muss nicht extrem teuer sein. Es muss nur jemand Lust haben, sie zu entwickeln. Aber bei den Produzenten geht dann eben auch sofort die Förderungsschere im Kopf auf: Tolle Idee, aber, aber, aber…das bekommen wir nicht gefördert. Wenn das gefördert werden soll, dann muss es Pre-school tauglich sein und der Humor muss weg, und die Charaktere dürfen sich nicht verlieben ( Kleine Anmerkung: Liebe in Trickfilmen; angefangen von Schnewittchen, Cinderella, bis zu Wall-E, Up, Rapunzel, spielt das Thema eine Rolle). Es ist absolut richtig anzunehmen, dass hier keiner der Pixar Filme, hätte eine deutsche Jury darüber abgestimmt, es je ins Kino geschafft hätte. Ich kann Wolfram nur zustimmen, dass auswandern die beste Idee ist.

  3. Hi Johannes,
    Danke für deinen super Kommentar. Du sprichst vielen aus der Seele. Es ist schwer sich kurz zu halten, denn die Probleme sind umfassend und mit einander verknüpft. Es ist schwer den Status Quo den wir hier in Deutschland haben zu ändern – Doch was ist in der Diskussion überhaupt ausschlaggebend?
    > Finanzieller Erfolg? (also ein Plus machen?)
    oder
    > Dass wir hochwertige/gute Filme produzieren (inhaltlich/narrativ/technisch vielseitig und niveauvoll) und so national und international ernst genommen werden?

    Potential ist in Deutschland unbestritten vorhanden. (Erfolg im Kurzfilmbereich, super Ausbildungsstätten, etc.) Doch am Ende kommt einfach zu wenig raus.

    Wer ist involviert?
    Geldgeber, Schaffende und Publikum.
    Solange der Status Quo für Geldgeber funktioniert wird sich doch nichts ändern:
    Franchise + etablierte Produktionsfirma + etablierter Regisseur und bissl Stars – das funktioniert überall. Mal mit mehr, mal mit weniger Geld.
    Das Publikum hat keine Ahnung was Animation aus Deutschland ist und sieht sowieso lieber Filme aus den USA. Zur Not halt mal einen Kinderfilm, weil das Lieblingsbuch vom Junior verfilmt wurde.

    Nur der finanzielle Misserfolg könnte da eine Ausrichtung ändern. Aber ich bezweifle das sehr. Als Kind schaut man sich doch alles an – die Eltern müssen halt mit.
    Das Amerikanische Fernsehen hat es in Teilen vorgemacht: Überrascht uns! Zeigt und was neues!
    BÄM!
    Der kulturelle Misserfolg (wer kennt im Ausland einen deutschen Animationsfilm?) ist doch wirkungslos. Denn wie schon erwähnt ist Animation auch im Inland zu unwichtig und wieso soll man sich ernsthaft aufregen wenn man alle Jahre mal einen Oscar für einen Film zur NS- oder DDR-Vergangenheit bekommt.

    Wenn Geld im Spiel ist, will man doch möglichst wenig Risiko eingehen – doch das Risiko gehört zum Film.
    Das finanzielle Risiko hört aber meinem Verständnis nach auf, wenn man jedes Jahr per Dauerauftrag Milliarden von Euros bekommt (Steuer/Rundfunkbeitrag) und trotzdem nichts ausprobiert. Ist da etwa Angst im Spiel?

    Ich denke zu einer Veränderung müssen alle ihren Teil beitragen:
    Filmemacher die ihre Filme so gut entwickeln, dass an ihnen kein Weg vorbei führt, Redakteure die sich mit Animation wirklich auskennen, Sender die lieber im eigenen Land produzieren lassen als den größten Teil im Ausland einzukaufen (bislang mind. 93%!!!), Gesetze die Produktionen in Inland fördern (Quote o.ä.) und Förderungen die offener für neue Projekte sind!

    Dazu sollte der Inhalt wichtiger sein als die Oberfläche.
    Wenn wir weiter versuchen mit 5%-10% der US Budgets vergleichbare Filme zu machen können wir doch nur scheitern!
    Dänemark, Spanien, Brasilien, Israel, … können als Gegenentwürfe dienen.
    > ‚Psychonautas‘ (1 Mio.), ‚Boy and the World‘ (500k) waren günstiger als ein Tatort hierzulande.

    ‚Walz with Bashir‘ und ‚Terkel in Trouble‘ waren ebenfalls sehr preiswert.
    Billiger ist natürlich nicht besser – das zeigt uns u.a. das System Nollywood (Nigeria).
    Aber bei günstigeren Filmen lässt sich zumindest das Risiko kleiner halten. Sprich: Lieber 4 Filme für je 2 Mio. machen als einen für 8.
    Zumindest um endlich mal was neues zu machen!
    Risiko streuen, unbedingt auffallen – national, international – so entwickelt sich die Chance auf finanziellen Erfolg und darauf könnte man wiederum aufbauen und langsam wachsen.

    Die grade angesprochenen Filme zeigen Mut zu einer eigenen Handschrift, Starke Art Direction und eine eigene Erzählweise.
    Wir sollten zudem noch stärker international denken – wie auch immer das mit dem deutschen FFG vereinbar ist (Sprich: Deutsche Kultur/BAFA-Kriterien/ etc.). Wieso nicht mal Science-Fiction, Fantasy oder Horror als Animationsfilm? Aber da überschneiden wir uns schon mit den Problemen des Genrefilms!

    Was mir Mut macht ist, dass aktuell ein paar jüngere Animationsfilmregisseure in den Startlöchern für ihre Feature-Debüts stehen. Ich drücke ihnen feste die Daumen, dass sie den Esprit aus ihren Kurzfilmen einbringen und die Franchise-Projekte etwas beleben können. Wenn sie damit Erfolg haben, können sie die Industrie vielleicht etwas in Schwung bringen.
    Auch wenn es nicht einfach ist: In jedem Fall müssen wir alle dran bleiben – wir haben es selbst in der Hand!

    • Wolfram

      Ich habe den Verdacht das sich der finanzielle Erfolg bei Filmen wie Ritter Rost etc. in Grenzen hält.
      Wahrscheinlich ist man froh, wenn unter dem Strich eine schwarze Null herauskommt mit ein bisschen Plus.
      Die Zielgruppe ist zu klein, und Marketing nur bedingt möglich, in Kindergärten darf man z.b. nicht werben.
      Letztendlich würde es diese Filme ohne die Filmförderung nicht geben bzw. sie könnten sich selber nicht tragen. Wenn man dann schon Geld für „Kulturförderung“ ausgibt, warum dann nicht etwas kulturell wirklich wertvolles schaffen, dass auch im Ausland die Reputation der deutschen Filmintustrie erhöht? Und nicht nur Kinderunterhaltung?

  4. Du hast recht: Das Szenario, ein Disney-Film würde mit seiner Story keine Förderung in Deutschland bekommen, klingt schon fast zu plausibel. Ich frage mich vor allem, für wie simpel diese Leute Kinder einstufen?
    Meine Kindheit und Jugend (Kind der 90er) ist eindeutig Disney-geprägt. Und bekanntlich sind Disney-Charaktere zumeist Waisenkinder (http://www.huffingtonpost.de/2014/09/16/disney-charaktere-keine-mutter_n_5829952.html), Bösewichte fallen immer in den Tod (https://www.youtube.com/watch?v=mNDHrY4D-9s) und einen heißgeliebten Charakter hat man immer (beinahe) verloren. Das kann ja nur zum Trauma führen, dass schlimmer ist als jedes „Killerspiel“! Dschungelbuch und Aristocats (in ihren Wiederaufführungen), Die Schöne und das Biest, Arielle… das waren meine Filme als „Preschooler“. Ob ich mir heutzutage als 4-6-jähriger wohl anstatt dessen Biene Maya oder Ritter Rost anschauen würde? Oder ob meine Eltern das mitmachen würden?
    Natürlich habe ich geheult, als Balu der Bär leblos in einer Pfütze lag. Aber der Film hat mich auch wieder aus diesem Loch herausgezogen. Und auch Mufasa lebt weiter in Simba! Kann man Kindern also diese dramaturgische Achterbahnfahrt zutrauen? Ich denke, mit kleineren Einschränkungen (zu kompliziert sollte es nicht werden): Ja!
    Mit deutschen Animationsfilmen bin ich dann wohl erst in der Jugend in Kontakt gekommen: Die pubertären „Meisterwerke“ von Brösel und Walter Moers: Werner und Das kleine Arschloch. In diese Reihen sind auf jeden Fall auch Fördergelder geflossen. Der pädagogische Wert ist eher gering, aber die Filme sind ein Beweis für das Genre, das in Deutschland für die erfolgreichsten nationalen Filme steht (gemessen an Zuschauerzahlen im Kino): Komödien (http://www.insidekino.com/DJahr/DAlltimeDeutsch50.htm).
    In genau dieses Genre fallen auch alle Filme von Disney/Pixar, Dreamworks, etc. und ziehen sämtliche Altersklassen in die Kinos. Und was sie so verdammt gut macht, ist, dass sie eine simple Story, die auch kleine Kinder verstehen, so vertiefen, dass auch Erwachsene angesprochen werden. Inside Out ist ein gutes Beispiel: Die Geschichte, dass ein Mädchen mit ihrer Familie in die Großstadt zieht und Freunde und Hobbies zurücklassen muss, ist nichts Neues. Aber diese Geschichte im Kopf nachzuerzählen, mit all den Seitenhieben (Déjà-Vus, Ohrwürmer, Gedankenzüge, Traumfabriken, Déjà-Vus,…), ist genial! Und das ist keine Sache der Technik, sondern gutes Storytelling!
    Dass in Deutschland ein VFX-Blockbuster produziert werden kann, der es mit den großen aufnimmt, bezweifele ich, aber da haben die deutschen Studios trotzdem ihren Anteil. Aber die technischen Möglichkeiten, einen guten Animationsfilm zu kreieren, sind vorhanden – Filme wie Oops, die Arche ist weg oder Konferenz der Tiere sehen echt gut aus. Es sind die Geschichten, die fehlen. Vielleicht gibt es durch Crowdfunding oder Netflix-/Amazon-Produktionen ja neue Möglichkeiten, vielleicht schaffen es Manou, Richard oder die Happy Family, internationale Aufmerksamkeit zu erregen. Aber ansonsten kommen wir wieder zur anfänglichen Frage: Wie viele potentielle Obens, Könige der Löwen und Frozens sind wohl schon am Fördergremium hängengeblieben und sind damit aufgrund des Systems in Deutschland disqualifiziert?

  5. Ach Johannes, was du schreibst, sag ich schon seit 20 Jahren. Du hast mit allem recht. (Ausser vielleicht dass „Bohlen, der Film“ schlecht ist. Der ist überraschend lustig. Vermutlich weil kein Schwein zu keinem Zeitpunkt reingequatscht hat, weil das Projekt von Anfang an als Trash abgestempelt war..)

    Das Problem hängt m.E. aber u.a. auch mit den Trickfilm- und Kurzfilm-festivals zusammen, die angeblich Nachwuchs fördern. Hier wird entweder Kommerz belohnt (trifft dann auf die Featurefilmsparte zu).
    Oder „künstlerisch wertvolle“(?)und „experimentelle“ (Hui, der Kratzfilm gilt auch noch 90 Jahre nach seiner Entstehung als Experiment) Kurzfilme werden mit als Nachwuchs abgefeiert. Und- oh Wunder- nach ein paar Jahren müssen die Kurzfilmemacher dann doch Taxi fahren, weil deren Kunst keine Sau interessiert. Die handwerklich Talentierteren müssen nach der Uni Werbung machen, weil sie in dem Festivalbetrieb keine Chance hatten. Läuft deren Film nicht auf der Berlinale oder bekommt keinen Preis in Stuttgart, wird er von der Presse nicht wahrgenommen.

    In Deutschland wird in der Kulturszene zwischen E-Musik und U-Musik unterschieden. Ernsthafte Klassik oder unterhaltender Schlager. Genauso beim Film. Entweder es fällt in diese oder jene Kategorie. In Amerika gab es da nie einen Widerspruch. Originäre amerikanische Kunstformen wie Jazz, Blues, Hillbilly, RocknRoll, alles anspruchsvoll gemacht UND unterhaltend. Geht doch! Die amerikanische Lowbrow-Art verkauft sich gut, ruft auf dem europäischen Kunstmarkt aber nur ein Stirnrunzeln hervor. Der intellektuelle Woody Allen besteht an der Kinokasse und der Blockbuster Toy Story ist intelligent.

  6. 1) Ich habe meine Kinder im Vorschulalter möglichst nicht ins Kino genommen. Ich persönlich kann also auf dieses Angebot komplett verzichten. Ich glaube manche der aufgeführten Filme haben allerdings den (eigenen und den der Förderung) Anspruch ein Publikum von 0 bis 12 Jahre anzusprechen, nicht preschool (zur Definition: preschool im englischsprachigen Ausland meint meines Wissens Kleinkinder im Alter von 0 bis 4 maximal 5 Jahren, in Deutschland bis 7 Jahre ?).
    2) Aber ich glaube wir brauchen keine Weltmeisterschaft des Animationsfilms. Bei allen angesprochenen Filmen waren internationale Teams am Werk.
    3) Das soll keine Entschuldigung für einfallslose oder einfach schlechte Filme sein. „Was ist schlecht?, natürlich eine Frage des eigenen Geschmacks. Bei kommerziellem Erfolg ist das „etwas“ einfacher. In Deutschland gibt es sowohl Kultur- als auch Wirtschaftsförderung. Ich wünsche mir vor allem eine bessere Finanzierung in Deutschland.
    4) Immer mal wieder gibt es kleine Kunstwerke. Da freue ich mich drauf. Für mich waren sie im letzten Jahr „Anomalisa“ und „Song of the Sea“ (beide im übrigen mit sehr bescheidenem Budget)

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