11. Februar 2022 Johannes Wolters

Nachruf auf Douglas Trumbull | 8. April 1942 – 7. Februar 2022

Unsere visuelle Popkultur ist mitgeprägt von phantastischen Momenten, die uns nie zuvor Gesehenes präsentieren und begreiflich machen, uns zum Staunen und zum Nachdenken bringen. Produzenten, Autoren und Filmemacher bieten dafür mit ihren filmischen Erzählungen die Plattform, ausgedacht und umgesetzt werden diese Momente von Visual Effects Artists, deren Namen nur selten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt werden. Eine Ausnahme bildete der Name Douglas Trumbull, der nicht nur einer der visionärsten Künstler Hollywoods war, er wagte auch erfolgreich den Sprung in den Regiestuhl und erwarb sich einen Ruf als Pionier und Entwickler neuester Film-Techniken, immer auf der Suche nach neuen, aufregenden Möglichkeiten, das Erlebnis einer Filmerzählung noch umfassender, faßbarer für den Zuschauer zu gestalten. Dabei schuf er in seiner Karriere unvergessliche Bilder und Momente, die ein weltweites Publikum noch in kommenden Generationen in den Bann schlagen werden.

Der junge Trumbull allerdings wollte eigentlich Architekt werden, obwohl der Weg zum Film und zu den Visuellen Effekten familiär vorgezeichnet schien, arbeitete der Vater schon 1939 an den Effekten des legendären „Wizard of OZ“ (dt.: Das zauberhafte Land). Und doch war er zur richtigen Zeit am richtigen Platz für die wichtigen Zufälle im Leben: Seine Affinität zu Science Fiction Themen führte zu einem Job an einer NASA-Planetarium Show, die von Arthur C. Clarke und Stanley Kubrick besucht wurde. Die hatten gerade begonnen, einen richtungsweisenden Science Fiction Film zu planen und rekrutierten kurzerhand den jungen Designer für ihr Projekt. Damit begann die aufregende Karriere Trumbulls, die sich von der Prä-Computer Zeit mit ihren heute kaum mehr vorstellbaren In-Camera Effekten über die Umbruchszeit des Optical Printers bis hin zur digitalen Revolution erstreckte, die schließlich die Kontrolle über jeden Pixel eines Frames erlaubte.

In jeder dieser drei Epochen des VFX Films gelang Trumbull Herausragendes: Für Stanley Kubricks „2001 – Odysee im Weltraum gestaltete der damals 23jährige unter anderem die psychedelische Stargate-Sequenz am Ende des Films mittels Slit Scan Technik, eine revolutionäre 17minütige Visual Effects Orgie, die mit der traditionellen Filmsprache brach. So die Effekte auch schon aussahen, als wären sie bereits computergenerierte Bilder, wurden sie hochkreativ mit althergebrachten Techniken erschaffen. 1978 schuf er in Steven Spielbergs „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ mit dem atemberaubenden Auftritt des Mutterschiffes einen unvergesslichen, unsterblichen Moment der Kinogeschichte. Und mittels der von ihm entwickelten ShowScan Technik schuf er einen richtungsweisenden Theme Park Ride für Universal mit den Figuren und der Welt von „Back to the Future“.

Seine Visual Effects für Ridley Scotts „Blade Runner“ sind ebenso legendär, wie die Inszenierung der Enterprise im ersten Star Trek Film, die in lächerlich kurzer Zeit hergestellt werden musste. Viel wäre zu sagen zu seinen richtungsweisenden Experimenten zugunsten der Immersion des Zuschauers mittels größerer Leinwand – Trumbull war mitbeteiligt an der Einführung von IMAX – und mittels einer höheren Bildfrequenz. Experimente, die Regisseure wie Peter Jackson (Der Hobbit), Ang Lee (Die irre Heldentour des Billy Lynn) oder James Cameron (Avatar) maßgeblich beeinflussten. Glücklicherweise halten Youtube und Vimeo eine aufregende Reihe von aufschlussreichen MasterClasses und Interviews mit Trumbull für kommende Filmemacher bereit und tragen seine unverwüstliche Neugier für neue Wege des filmischen Erzählens weiter.

Als Regisseur schuf Doug Trumbull 1971 den kommerziellen Flop „Silent Running“, der sich im Nachhinein zu einem phänomenalen Kultklassiker entwickeln sollte und eine ganze Riege von Regisseuren maßgeblich beeinflusste. Steven Spielberg hat dem Film zuletzt in „Ready Player One“ eine kleine, wundervolle Reverenz erwiesen. Sein zweiter Film „Projekt Brainstorm“ (1983) führte schon in die Welt des Metaverse, als das Internet wirklich noch überall Neuland war. Doch der tragische Tod der Hauptdarstellerin Natalie Wood während der Dreharbeiten kompromittierte den Film und führte zu einer limitierten Auswertung durch den Verleih, die einen kommerziellen Erfolg ausschloß.

Bis zu seinem für viele überraschenden und viel zu frühen Tod am 8. Februar 2022 im viel zu jungen Alter von nur 79 Jahren, war Trumbull führend im Filmgeschehen aktiv, sei es mit den spektakulären Effekten für Terrence Malicks „Tree of Life“ oder als Spiritus Rector in unzähligen Auftritten bei internationalen Konferenzen, wie noch auf der FMX in Stuttgart im vergangenen Jahr, immer bescheiden bemüht, seine inspirierende Begeisterung für filmisches Erzählen und visuelle Effekte nachfolgenden Generationen zu vermitteln. Er wird der Filmwelt fehlen, seine Werke bleiben unvergessen.

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