10. November 2017 Johannes Wolters

Die INDAChs Kritik von Friederike Trunzer zu „Teheran Tabu“

Am Sonntag sagte eine Freundin folgenden Satz zu mir:

>> Ich bin vierzig, Single und lebe alleine in einer Großstadt. Ich arbeite und finanziere mir MEIN Leben – in wie vielen Ländern dieser Welt könnte ich dieses Leben so führen? <<

Selbstverständlich stimmte ich dieser Aussage sofort zu. Jedoch wurde mir erst einen Tag später, bei der Vorführung von „Teheran – Tabu“ in vollem Umfang bewusst wieviel Tiefe und Wahrheit tatsächlich in diesem Satz liegt.

Der Film von Ali Soozandeh zeigt eine iranische Generation, die sich nach einem eigenbestimmten, freien und modernen Leben mit Freunden, Spaß und Party sehnt, aber beim Versuch solch ein Leben zu führen, an den verkrusteten, althergebrachten Traditionen und Religionsvorstellungen der Gesellschaft scheitert.

Da ist die Mutter, die ohne eine Scheidung von ihrem im Gefängnis sitzenden, drogenabhängigen Mann keinerlei Chance hat, für sich und ihren Sohn ein geregeltes Leben aufzubauen.

Da ist die Ehefrau, die sich nichts mehr wünscht als an einer Schule zu unterrichten, aber die die dafür nötige Unterschrift ihres Ehemannes einfach nicht erhält.

Der Film macht in aller Brutalität deutlich, dass eine iranische Frau kein selbstbestimmtes Leben führen kann, so wie wir es in Europa kennen. Für die kleinsten Entscheidungen ist sie immer auf das Wohlwollen und die Einwilligung ihres Mannes oder Vaters angewiesen.

Der Film macht auf drastische Weise deutlich, dass nicht nur ein Ausbrechen aus diesen starren Strukturen, sondern bereits die kleinste Unachtsamkeit mit verehrenden Konsequenzen verbunden sein kann.

Teheran Tabu zeigt aber auch, dass man den inneren Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmtheit nicht ausmerzen kann. Die Menschen werden trotz aller Schranken und Bedrohungen nach Wegen und Mittel suchen ihre Träume zu erreichen – auch wenn es Sie ins Verderben führt.

Deutlich zeigt der Film in aller Härte auch die Doppelmoral der Menschheit.

Denn die immer alles rechtfertigenden „religiösen Maßstäbe“ mit denen sofort jede Debatte und Diskussion beendet und jegliches Verbot oder Strafe gerechtfertigt wird, gelten nicht immer im gleichen Maße. Teheran Tabu zeigt, dass es bei der Menschheit am Ende doch nur um Macht, Gier und Lust geht.

Der Film verdient es gesehen zu werden.

Denn er regt uns zum Denken an und hallt nach. Er frisst sich langsam durch die Gedanken und hält uns dabei den Spiegel vor und zeigt uns die hässliche Fratze der Menschheit.

Er sollte uns Europäer aber auch daran erinnern, welche Freiheit und Selbstbestimmtheit wir erreicht haben und dass wir das Gut der Freiheit und der Selbstbestimmtheit schützen sollen und müssen, denn jeder Mensch hat es verdient sein eigenes selbstbestimmtes Leben führen zu dürfen.

Friederike Trunzer

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