27. November 2024 Johannes Wolters

Die INDAC Kritik von Rike Trunzer zu Disneys „Vaiana 2“

Ein Zweiter Teil, der es Wert ist zu existieren!

Es hat lange gedauert, bis der zweite Teil von Vaiana, dem Mädchen, das einem Inselvolk angehört, in die Kinos kommt. 2016 konnten wir das erste Mal auf große Fahrt mit Vaiana und ihren Freunden gehen. Nun acht Jahre später erscheint der zweite Teil.

Ich muss gestehen, dass ich mich gar nicht mehr so genau an den ersten Teil erinnern kann. Er war nett, aber das war es dann auch. Bezeichneter Weise haben sich genau die „Disney 5 Minuten“ dieses Films in meinen Kopf gebrannt. Damit bezeichne ich eine traumhafte Sequenz in quietschenden Neonfarben und viel Musik und Gesinge. Diese Sequenz war selbst für meinen Geschmack, als glühenden Trickfilm-Fan wirklich zu viel.

Aber was ist nun mit der neuen Vaiana?

Es wird immer noch echt viel Gesungen. Es ist halt ein klassischer Disney Film. Aber ich empfand die Musik dieses Mal als deutlich abwechslungsreicher und ansprechender als beim ersten Teil. Es gab definitiv nicht nur den klassischen Klischee-Disney-Schnulzensong, sondern es wurde auch gerappt und es gab Soul. So sollte für jeden etwas dabei sein.

Auch dieses Mal kam Disney nicht ohne eine „traumhafte Sequenz“ aus, aber diese war deutlich besser und wird nicht der Kern sein, an den ich mich im Nachhinein erinnern werde. Vom Inhalt her begibt sich Vaiana, die inzwischen eine selbstbewusste junge Frau geworden ist, nach einer Nachricht ihren Ahnen, auf ein spannendes Abenteuer, bei dem sie von alten und neuen Freunden unterstützt wird. Es müssen viele Klippen umschifft und Gefechte ausgestanden werden. Dabei erhält Vaiana tatkräftige Unterstützung von Maui, dem Halbgott, Heihei dem irren Hahn und Pua dem Schwein, die wir allesamt bereits aus dem ersten Teil kennen. Aber es gibt auch jede Menge neue Weggefährten.

Irgendwie bin ich mir dieses Mal sehr unschlüssig, als was ich den Film ansehen soll, da ich irgendwie auf zwei Interpretationsweisen komme, ich mich aber nicht entscheiden kann, was der Film für ich ist.

Als erstes: kurz und einfach, ein schöner Familienfilm, der vor Weihnachten sicher der gesamten Familie viel Spaß bereiten wird. Die Figuren sind, wie von Disney gewohnt, wunderbar und man schließt sie sofort ins Herz. Über die Animationen muss man bei Disney nicht sprechen, diese sind erwartungsgemäß auf höchstem Niveau. Und der Film ist lustig. Sowohl meine Kino-Begleitung als auch ich haben mehrfach laut vor uns hin gekichert. Auch wenn so mancher Gag so ein bisschen aus der Handlung gefallen ist, lustig sind sie trotzdem.

Einziger Kritikpunkt als reiner Familienfilm: Vaiana hat eine FSK0 erhalten. Kinder sind wahrscheinlich heutzutage härter gesotten, als ich es früher war. Ich glaube an der einen oder anderen Stelle im Film, hätte ich als Kind echt ein bisschen Angst gehabt.

Aber ich kann und will diesen Film vor allem nicht nur als reinen Familienfilm abtun. Deswegen hier meine zweite Interpretation dieses Films. Wahrscheinlich lese ich hierbei zu viel in den Film hinein, aber ich hoffe, dass Disney vielleicht doch den einen oder anderen Gedanken, der mir beim Ansehen dieses Films kam, doch auch vermitteln wollte.

In den aktuellen Zeiten, in denen auf der Welt Kriege herrschen und Menschen aufgrund ihrer Rasse, ihres Geschlechts oder ihrer Religion verfolgt werden und immer öfter von gespaltenen Nationen gesprochen wird, könnte man Vaiana auch als Gegenentwurf dazu sehen. Denn Vaiana macht sich explizit auf die Suche nach anderen Menschen. Laut der Prophezeiung ihrer Ahnen, wird ihre Heimatinsel in Zukunft nur bestehen bleiben, wenn andere Völker gefunden werden und wieder ein Austausch zwischen ihnen stattfindet.

Hier wird nicht Abschottung und Fokussierung auf die eigene Nationalität gepriesen, sondern das Ziel ist explizit Vielfalt und Austausch. Und das nicht nur zwischen verschiedenen Inselvölkern, sondern Vielfalt lässt sich auch schon innerhalb Vaiana’s Segel-Crew finden. Diese besteht aus einem Halbgott, einem schüchternen Historiker, einer genialen Schiffbauerin, einem grummeligen Bauern, einem irren Hahn, zwei Schweinchen und einer Kokosnuss. Mehr Vielfalt geht schon fast gar nicht. Und jede einzelne Figur hat ihre Aufgabe und Bestimmung und wenn nur ein dieser Figuren nicht da wäre, wäre das gesamte Abenteuer zum Scheitern verurteilt.

So verwundert es auch nicht, dass es im Film starke, selbstbewusste Frauen gibt. Neben der Hauptfigur Vaiana, gibt es dieses Mal zwei weitere wichtige Frauen, ohne die das Abenteuer nicht gelingen könnte. Auch möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich das Character Design hervorheben. Für Disney-Verhältnisse werden Frauenkörper schon fast naturalistische dargestellt. Endlich einmal keine Weibliche Hauptfigur, die keine übertrieben schmale Wespen-Taille hat und ein rosa oder hellblaues Ballkleid trägt.

Insgesamt halte ich Vaiana für einen guten Film, bei dem man entweder die Möglichkeit hat, sich einen kurzweiligen, lustigen Familien-Nachmittag zu machen – man hat aber auch die Möglichkeit mehr in dem Film zu sehen.

Und alle Segelbegeisterten werden bei den tollen, spektakulären Segeln-Animationen voll auf ihre Kosten kommen. Meine Daumen gehen nach oben.

Rike Trunzer, Hamburg

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