24. September 2017 Johannes Wolters

Besonders wertvoll: „Blau“ von David Jansen

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Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) begutachtet filmische Produktionen auf ihre Qualtität und zeichnet herausragende Werke mit den Prädikaten „wertvoll“ und „besonders wertvoll“ aus. Die Prädikate sind Empfehlungen für herausragende Filme, schaffen Orientierung im vielfältigen Angebot.

Inhalt:

Schon zu Beginn seines Lebens ist der junge Wal ganz alleine. Die Mutter wurde von Walfängern ermordet, nun muss er alleine zurechtkommen. Zunächst lässt er sich treiben im ewigen Blau des Ozeans. Doch dann begegnen ihm Schiffe, Fische, Hindernisse. Am Ende wird er seine Ruhe finden. Nicht im Ozean selbst, sondern am Ufer. Wie er dorthin gelangt, ist zweitrangig. Denn vielleicht ist ja alles sowieso nur ein einziger langer Traum. Der Kurzanimationsfilm BLAU von David Jansen basiert auf dem alten Volksglauben, dass Wale ein abstraktes Vorstellungsvermögen haben. Und genau dieses Konzept übersetzt Jansen in ebenso abstrakte wie auch wunderschön fließende Bilder. Das eindrucksvolle Seherlebnis wird auf gelungene Weise von einem bestens abgestimmten Sound ergänzt. Zwischen symbolisch aufgeladenen Bildern und der Prämisse eines einzigen durchgängigen Traumbildes entsteht so eine Art filmisches Gedicht, das schier schwerelos dahingleitet und zu eigenen Gedanken und Reflexionen einlädt.

Jury-Begründung:

David Jansens Kurzfilm gehört zu jenen Filmen, die ihre volle Wirkung erst im Gespräch richtig entfallen können. Nach der Sichtung zeigte sich die Jury zunächst ein wenig befremdet, ob der Bilder, die sie zuvor gesehen hatte. Ein Blauwalleben, beobachtet in den Tiefen des Meeres, aber auch außerhalb seines gewohnten Elementes, in manchmal geradezu surrealer Umgebung.

Nur allmählich konnte sich die Jury an die Tiefe des Animationsfilms herantasten. Erste Vermutungen führten nicht gleich zum Ziel. Deutlich beeindruckt hat die Jury die Animation dennoch
Die Jury konnte mitverfolgen, wie eine Walkuh vor den Augen ihres Kalbes getötet wird. Es scheint zunächst verloren, tritt dann aber eine Reise durch Raum und Zeit an, die Emotionen wecken und Fragen aufwerfen.

Mit unaufdringlichen Zeichnungen und gut gewählten Farben hat Jansen eine archaische Nähe zu den Meeresgiganten entstehen lassen. Er zeigt die vielfältige Bedrohung des Blauwals durch Mensch und Natur. Denn nicht nur gegen Walfänger und U-Boote muss sich der Protagonist durchsetzen, sondern auch gegen Konkurrenten aus der großen Walfamilie. Immer wieder driftet BLAU dabei in eine Traumebene ab, die durch ein hervorragend-zurückhaltendes Sounddesign getragen wird.

Einen eingeführten weißen Kubus nutzt Jansen letztlich als Transferstation. Zunächst umrundet der Wal ihn nur, dann dringt er in ihn ein, um seine gewohnte Umgebung zu verlassen und in einer anderen Welt wieder aufzutauchen.

Durch seine Abstraktionsebene macht BLAU in nur wenigen Minuten intuitiv wahrnehmbar, wofür manche Dokumentarfilme zwei Stunden benötigen. Schnell ist das fragile Gleichgewicht unter Wasser gestört. Immerhin spielt sich alles Geschehen unter Wasser außerhalb des gewöhnlichen, menschlichen Gesichtsfeldes ab. Ob und wie das Leben eines Wales, nach folgenschwerem Verlust, und immer weiterreichenden Beeinträchtigungen weitergeht, dass interessiert nur Wenige. „Blau“ vermittelt Anhaltspunkte, die weiter zu denken sich lohnen.

Jansens Animation ist ein 20-minütiger assoziativer Film, der der Jury durchaus Rätsel aufgegeben hat. Dennoch wollte sie dem Duktus von BLAU gerne folgen. Gerade weil der Film seine gesamte Tiefe nicht prima vista preisgibt, vermag er auf der emotionalen Ebene viel zu erreichen. Die Jury sieht die Mischung aus Traum, Abstraktion und Wirklichkeit als gelungen an und vergibt nach ausgiebiger Diskussion das Prädikat „besonders wertvoll“.

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