Die Vollversammlung von Animation in Europe, dem Verband der europäischen Animationsproduzenten-Verbände, hat auf ihrer Jahrestagung bei der MIFA in Annecy letzte Woche den neuen Vorstand für die nächsten zwei Jahre gewählt. Folgende Kandidaten, die ein umfangreiches Spektrum an TV-, Film-, Produktions- und Vertriebserfahrungen mitbringen, wurden gewählt: Philippe Alessandri (Watch Next Media – Frankreich) als Vorsitzender, Annemie Degryse (Lumiere Publishing/ Lunanime – Belgien) als Schatzmeisterin und Moe Honan (Moetion Films – Irland), Dirk Beinhold (Akkord Film Produktion GmbH – Deutschland) und Tom von Waveren (CAKE – Niederlande) als stellvertretende Vorsitzende. Mar Sáez Pedrero (PRO-ANIMATS – Spanien) ist Generalsekretärin.
Akkord Film entwickelt und produziert Spielfilme und Serien mit Schwerpunkt auf deutschen und internationalen Animationsproduktionen. Akkord zählt seit Jahren zu den führenden deutschen Animationsproduzenten und verfügt über erprobte Beziehungen zu Koproduzenten, Sendern, Verleihern, Filmförderungen, Weltvertrieben und Animationsstudios weltweit. Im Fokus stehen die hochwertige Stoff- und Projektentwicklung sowie eine effiziente Finanzierung. Akkords Produktionen werden regelmäßig mit internationalen Filmpreisen und FBW-Prädikaten ausgezeichnet. Als Mitglied der Sektion Animation der Deutschen Produzentenallianz, der Deutschen Filmakademie, der AG Animationsfilm und der European Animation Awards setzt sich Akkord aktiv für die Belange der Animationsbranche ein.
2001 von Dirk Beinhold gegründet, profitiert Akkord von seinen 28 Jahren Produktionserfahrung in Los Angeles und in Deutschland. Akkords Mitgründerin, Vinh Pham, war 1991-97 bei Polygram und bei Hollywoods größter Talentagentur CAA tätig. Das Herzstück bildet Akkords Stoffentwicklungsteam mit den erfahrenen Dramaturg(inn)en & Creative Producern Katharina Wicke, Susanne Biesinger & Claudio Winter. Seit 2012 ist Valentin Greulich als Producer, seit 2017 als Prokurist, bei Akkord, unterstützt von Annkatrin Swars für Finanz- und Vertragsadministration. 2013 wurden Niederlassungen in Hamburg und bei Stuttgart mit hochkarätigen Mitarbeitern für Akkords Animationsproduktionen errichtet. Dank der Entwicklung zahlreicher eigener Kino-Animationsfilme und Serien mit Fokus auf Family Entertainment stellt Akkord sich auch international immer breiter auf.
Hier jetzt das INDAC – Interview mit Dirk Beinhold:
— Herzlichen Glückwunsch zur Wahl in den Vorstand von Animation Europe… Was bedeutet dies genau? „Animation Europe“ – was wird da gemacht? Es impliziert irgendwie die Existenz von Animation Worldwide bzw Animation Germany. (Ich finde keine Webseite?)
Vielen Dank. Animation in Europe ist der Verbund europäischer Animationsproduzentenorganisationen und ist somit z.B. Ansprechpartner für die EU Kommission in Brüssel. Wenn beispielsweise das Creative Europe MEDIA Programm neu aufgesetzt wird und sich hier Förderregeln ändern, versuchen wir darauf hinzuwirken, dass die europäische Animationsbranche davon profitiert. Diese Art Ansprechpartner wünscht sich auch die EU. Wir wollen aber auch den regelmäßigen Austausch unter den Mitgliedern fördern, so dass wir in den einzelnen Ländern mehr voneinander lernen können. Die Organisation gibt es erst seit 2017, und sie wächst weiter, eine Webseite geht z.B. erst in den kommenden Monaten online. Ich bin dort ehrenamtlich stellvertretender Vorstandsvorsitzender mit Fokus auf den europäischen Kinofilm und wurde von der Animationssektion der deutschen Produzentenallianz mit Unterstützung der AG Animationsfilm dafür nominiert und dann von den in Annecy anwesenden Vertretern aus 13 Ländern gewählt. Ich wünsche mir eine starke europäische Animationsbranche. Gerade im Kinofilmbereich ist Deutschland hier bereits relativ stark.
— Wie ist Dein Bezug zur Animation/VFX. Welchen bezug hast Du zum medium Animation persönlich, wie kam es im weiteren zu Akkord Film?
Den Animationsfilm habe ich schon immer geliebt, bin aber nur über Umwege dorthin gekommen, was sich durch meinen Hintergrund im Bereich internationale Stoffentwicklung und Koproduktion aber auch als Vorteil erweist: Ich habe in sehr jungen Jahren nach dem Mauerfall innovative TV-Magazine produziert, war dann als erster Deutscher im Filmproduzenten-Masterprogramm der USC, habe bei Warner Bros. und dann als Creative Executive bei New Regency Productions an großen Hollywood-Filmen mitgearbeitet. Über die stellvertretende Leitung der deutschen Eigenproduktion von ProSieben und der kreativen Leitung der Filmproduktion von Studio Babelsberg kam ich schließlich zur eigenen Firma, Akkord Film, mit der wir zunächst hauptsächlich internationale Realfilmkoproduktionen hergestellt haben. Eher zufällig stieß ich 2006 auf die DER KLEINE RABE SOCKE Bücher. Seit dem großen Erfolg unserer Buchverfilmungen, auch von DIE HÄSCHENSCHULE, der in der Berlinale und beim Toronto Filmfestival lief und zahlreiche wichtige Publikumspreise, u.a. bei Anima in Brüssel, erhalten hat, haben wir uns voll auf Animation spezialisiert. Unsere Kernkompetenz ist die gründliche Stoff- und Projektentwicklung. Ein Film kann noch so großartig aussehen, am Schluss entscheidet das emotionale Story-Erlebnis über den Erfolg. Jetzt arbeiten wir im Serienbereich neben der ARD und dem ZDF auch mit international agierenden Playern, wie Disney und Amazon zusammen, und ich liebe die Internationalität bei der Herstellung. Die Menschen in dieser Branche sind deutlich netter als im Realfilm, und seit meiner Kindheit liebe ich das Medium. Meine Firma wird innerhalb der Branche, auch von den Geldgebern und von den Artists geschätzt. Das ist mir wichtig.
— Was sind denn Deine Erwartungshaltungen gegenüber dieser Vereinigung hinsichtlich der Entwicklungen in Deutschland bzw in den einzelnen Bundes-Ländern im Vergleich zu den übrigen europäischen Ländern?
Wir werden uns darum bemühen, innerhalb Europas noch mehr zusammenzuarbeiten und dadurch voneinander zu profitieren. In Deutschland benötigen wir dringend einen eigenen nationalen Fördertopf für VFX & Animation, sowohl für Dienstleistungen, als auch für (Ko-)Produktionen.
— Wo steht Deiner Meinung nach die Animation/VFX Community in Deutschland im Vergleich zu Europe bzw Worldwide?
Deutsche Animationskinofilme sind seit Jahren ein Exportschlager und performen im Ausland teilweise sogar besser als im Inland. In 2018, zum Beispiel, wurden 54% des gesamten im Ausland erzielten Box Office Resultats deutscher Filme durch die nur 7% Anteil deutscher Animationsfilme erreicht! Die deutsche VFX-Branche gehört zu den besten der Welt, was die vielen Aufträge aus Hollywood bestätigen. Trotzdem darf vieles noch besser werden, wozu u.a. strukturelle Förderung speziell dieses Bereichs aus der Medienpolitik notwendig ist.
— Animation Europe ist eine Vereinigung von Produzenten, weniger eine Vereinigung der europäischen Animationscommunity (wenn ich es richtig recherchiert habe) Wieweit spricht man als Produzent für die komplette Branche?
Die gesamte Animations-Community profitiert von einer starken Animations-Branche, und unsere Aufgabe ist es, durch Austausch und durch unsere Stimme in der Medienpolitik diese zu stärken. Aber ich würde mir nie anmaßen, für alle zu sprechen.
— Im Stuttgart wurde Ende Mai ein Positionspapier veröffentlich unter dem euphemistischen Titel „Animation als Beispiel für eine erfolgreiche Clusterentwicklung in der Region Stuttgart und Baden-Württemberg“ Dahinter verbirgt sich eine recht scharfe Kritik an den bestehenden Verhältnissen bzgl der Animation in Baden Württemberg, die sich ziemnlich leicht auf die übrigen Bundesländer übertragen lassen kann. Zumindest gibt es offenbar ein krasses Mißverhältnis zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit der bestehenden Probleme. Warst Du vom kritischen Ergebnis des Positionspapier überrascht?
Es handelt sich hier um ein regionales Papier, in dem regionale Probleme erörtert werden, die in ganz wesentlichen Teilen eben nicht auf andere Regionen übertragbar sind. In BaWü sitzen großartige Studios, mit denen wir sehr gerne zusammenarbeiten. Aber es gibt dort laut Studie zu wenige kreative Produzenten, die in der Stoffentwicklung und im internationalen Producing versiert sind. Das lässt sich vermutlich auch statistisch belegen. Die Frage bezüglich der BaWü-Situation lässt sich vermutlich besser aus Baden-Württemberg beantworten.
— Die Studie postuliert unter anderem: „Ein weiterer – entscheidender – Erfolgsgarant für die Umsetzung einer kontinuierlichen Produktion ist der unternehmerisch denkende Produzent und Medienunternehmer, der in der Lage ist, den Künstler und seine Vision zu erkennen und ihm für die Umsetzung nachhaltige Mittel wie Zeit und Personal zur Verfügung zu stellen.“ Und der fehlt laut Studie offensichtlich genauso wie die Unterstützung für einen solchen in allen Bereichen. Darum soll alles getan werden, um da dfür Nachwuchs zu sorgen. Stimmt das? Was fehlt denn Deiner meinung nach?
Wie gesagt hat Baden-Württemberg hier laut Studie Nachholbedarf. Aber auch in ganz Deutschland und in Europa können wir noch mehr gute Produzenten gebrauchen. Das hier skizzierte Produzentenbild, in dem es um Erkennung und Unterstützung der Vision eines Künstlers und Zurverfügungstellung von Mitteln geht, finde ich allerdings ziemlich traurig und altmodisch. Ich sehe mich als kreativer Produzent, der gemeinsame Visionen mit Autoren, Regie und anderen Künstlern entwickelt und in ständigem, gegenseitigen Austausch umsetzt, bis das mit den vorhandenen Mitteln bestmögliche Produkt entsteht.
— Die Animation selbst verläßt derzeit mehr und mehr die Bundesrepublik. Die Biene Maja wird in Australien animiert, [ 1] Drache Kokosnuss hat indische Animatoren beschäftigt und die kommende Produktion „Fritzi – Eine Wendewundergeschichte“ wurde unter anderem in China hergestellt, eine Tatsache die bei der Bewerbung der Filme in der Pressearbeit unerwähnt bleibt. Die MFG selbst hat auf diesen Umstand diplomatisch in ihrer eigenen Broschüre Filmfacts Südwest itfs/fmx 2018 Special hingewiesen: „Labor-intensive tasks such as clean-ups and in-betweens have been outsourced to non-European studios for financial reasons …„ Seiten 6-7 (2) Davon profitiert z.B. das chinesische Studio Sophie in Shenzen, das in seinem Showreel neben Fritzi-Eine Wendewundergeschichte auch auf seine Mitarbeit an Filmen und Serien wie Ritter Rost, Die Häschenschule, Drache Kokosnuss usw. hinweist. (Showreel Studio Sophie, Shenzen) Daraus ergeben sich hier für mich an Dich mehrere Fragen vor allem in Bezug auf „Fritzi-Eine Wendewundergeschichte“: Empfindet man als Künstler, Mensch und auch als Produzent nicht sowohl kulturell sondern auch rein moralisch ein massives Unbehagen, dass auch mit indirekter Hilfe von deutschen Förder- und Fernsehgeldern geleisteten Unterstützung einen Film über den friedlichen Zusammenbruch der sozialistischen DDR aus „kapitalistischen“ Gründen seitens der Produzenten im kommunistischen China mithergestellt wird, also dem Land, das bis heute das Massaker auf und rund um dem Tianmen-Platz von 1989 leugnet. Völlig abgesehen mal von den bestehenden, aktuellen Bemerkungen etwa Seitens Amnesty International etc. zur gegenwärtigen Lage für dortige Kreative und Artists?
In Deutschland boomt derzeit die Animation. Wir geben keine deutschen Fördergelder im Ausland aus, und unsere Projekte werden nicht nur aus Fördergeldern finanziert. Mein Eindruck ist, dass es weltweit immer mehr Animationsproduktionen gibt und auch in Deutschland Artists & Studios noch nie so ausgelastet waren, wie im Moment. Fast jeder Animationsproduzent arbeitet dabei international auch mit Künstlern und Studios in anderen Ländern, insbesondere auch in Asien zusammen. Für uns ist das allerdings nur ein äußerst kleiner Teil der Produktion. Auch in China gibt es ein paar wirklich gute Studios, deren Artists wir sehr schätzen und mit denen wir gerne zusammenarbeiten und dabei auch immer wieder selbst vor Ort sind. Dass wir dabei das Regime unterstützen, ist eine steile These. Eher arbeiten wir auf Augenhöhe mit den Artists. Ich halte als studierter Politologe die Isolationspolitik von Donald Trump, die in der Fragestellung mitschwingt, für einen großen Fehler. Mit den Künstlern in China nicht zusammenzuarbeiten und sie zu isolieren, hilft ihnen und einer hoffentlich demokratischen Entwicklung des Landes nun wirklich überhaupt nicht.
— Wenn da keine solchen Probleme gesehen werden, warum leisten sich das Land Baden Württemberg bzw die übrigen Bundesländer noch die Ausbildungsstätten wie das Animationsinstitut, die Animationsabteilung bei der Filmuni Konrad Wolf in Potsdam Babelsberg etc in ihren bisherigen Formen? Müssen wir deutschen Animationsstudenten und Artists nicht klipp und klar erklären, dass die Arbeit an deutschen Produktionen nunmehr absehbar im Ausland stattfindet und ein Auswandern in diese Länder nach Abschluß des Studiums unabdingbar wird? Warum sollen sie überhaupt noch in Deutschland ausgebildet werden?
Wir benötigen sogar noch viel mehr gute Ausbildung, damit wir den Großteil unserer hoffentlich auch in Zukunft immer besser und noch erfolgreicher werdenden Filme auch weiterhin in Deutschland konzipieren und herstellen können. Dass ein Auswandern nach dem Studium unabdingbar wird, ist völlig falsch und geht nun wirklich an der aktuellen Realität vorbei, die sich in den letzten Jahren auch stark verändert hat. Nur ganz wenige Talente wandern aus. Auch ich bin einst nach Los Angeles gezogen und habe dort viel gelernt. Aber trotz Strandwohnung und Top-Job zehren eine 60-80-Stunden-Woche, straffe Hierarchien und der durch die Hollywood-Brille sehr beschränkte Blick auf die Welt an der Lebensqualität und an der eigenen Integrität, und Kinder möchte ich dort auch nicht aufziehen.
— Hast Du Dir selber sich Ziele gesetzt in Sachen Animation/VFX? Wie sehen die aus? In welchen zeitlichen Dimensionen planen man/frau die Entwicklung?
Von der ersten Idee bis zum Kinostart bzw. zur Erstausstrahlung vergehen i.d.R. 5 Jahre. Wir machen erst seit 10 Jahren Animationsfilme. Wie anfangs erwähnt, entwickeln wir bei Akkord Film zunehmend internationalere Projekte. Beim Kinofilm heißt das, dass wir hochwertige CG-animierte Filme als europäische Koproduktionen für den internationalen Markt herstellen, deren Zielgruppe ältere Kinder mit einschließt und die nicht nur fürs Vorschulalter geeignet sind, wie z.B. DER KLEINE RABE SOCKE es ist, wobei auch die Preschool-Produktionen ein wichtiges Standbein und Beitrag zur deutschen Kinolandschaft sind. Bei Serien heißt das, dass wir weniger „brave“ Serien entwickeln, die auch für internationale Player, wie Disney, Netflix oder Amazon attraktiv sind. Diese Strategie scheint ganz gut aufzugehen, und mit unserem Film DIE HEINZELS – RÜCKKEHR DER HEINZELMÄNNCHEN (Kinostart 30.1.20 bei Tobis Film) rücken wir dem Ziel schon ein gutes Stück näher.
— „Die bisherige Zersplitterung der Zuständigkeiten in den Landesministerien blieb ein enormes Wachstumshindernis“. Die Studie kritisiert die schwierige Kompetenzlage der einzelnen Ministerien in Baden-Württemberg hinsichtlich der Problemstellungen in Sachen Animation und VFX, auch bedingt durch die Existenz des AMCRS Clusters. Ist das nicht vergleichbar mit ähnlichen Zusammenspielen auf nationaler und europäischer Ebene. Kann man absehbar eine europäische Finanzierungshölle abbauen?
Ich kenne mich nicht genug aus mit den Zuständigkeiten in BaWü um Vergleiche ziehen zu können. Aber die Vielfalt der Förderungen in den verschiedenen Ländern bringt neben Komplikationen vor allem auch eine Vielfalt von Filmen, die sonst vielleicht nicht verfilmt würden und die wiederum die Vielfalt Europas ausdrücken. In der Vielfalt der Förderungen liegen also auch Vorteile. Allerdings macht das föderale System in Deutschland es schwer, wichtige Initiativen, wie z.B. Animation Germany von zentraler Stelle zu unterstützen, und so wird es oft unnötig kleinteilig.
— Ist der deutsche Markt mit Österreich und der deutschsprachigen Schweiz nicht eigentlich groß genug um für einen Kinofilm genügend Publikum zu generieren. Warum führt Frankreich da trotz kleinerem Markt?
Für deutsche Animationsfilme ist der deutsche Markt zwar essentiell wichtig, aber wie bereits erwähnt, sind deutsche Animationsfilme ein größerer Export-Schlager als französische Animationsfilme. Das gilt insbesondere für Family Entertainment, weniger für Preschool-Filme. Auch werden in Frankreich ähnlich viele Animationskinofilme wie in Deutschland gemacht. Positive Beispiele für deutsche Export-Erfolge der letzten Jahre sind z.B. OOPS, DIE ÜBERFLIEGER und BIENE MAJA. Zu erkennen ist, dass insbesondere die ersten beiden Filme im Inland nicht annähernd so erfolgreich waren, wie im Ausland während die großen Inlands-Erfolge oft eher ein jüngeres Publikum ansprechen. Wir müssen noch daran arbeiten, dass deutsche Kinoverleiher auch an diese deutschen Family Entertainment Filme glauben und sie angemessen vermarkten und nicht nur die Preschool-Filme.
–— Offensichtlich erlaubt das gegenwärtige System die Entstehung von immergleichen Produktionen im Kinobereich, die keinerlei Erfolge an der Kasse bei der Öffentlichkeit zu erzielen haben. Gleichzeitig ringen renommierte deutsche TV Serien um die Finanzierung, auch wenn sie ihr Können mit renommierten Preisen und Auszeichnungen vielfach unter Beweis gestellt haben. Wie kann es gelingen neue Talente im Land zu behalten und ins Spiel zu bringen, wie gelingt eine fundierte Bewertung von Projekten, von Budgets, von Geschichten und IPs?
Der erste Satz der Frage stellt eine falsche Behauptung auf. Der Animationsfilm ist innerhalb Deutschlands erfolgreicher als der durchschnittliche deutsche Realfilm und international um ein Vielfaches erfolgreicher. Für den zweiten Satz fehlen Beispiele im Animationsbereich, ich kann dem nicht folgen. Natürlich ringen alle unsere Projekte stets um Finanzierung, auch die großen Serien. Zum dritten Satz der Frage verstehe ich nicht, wessen „fundierte Bewertung“ fehlt? Wie es aber gelingen kann, Talente im Land zu behalten, beantworte ich gerne: Wir müssen noch mehr internationale, insbesondere europäische Zusammenarbeit fördern. Dafür ist eine Plattform, wie Animation in Europe, auch ein kleiner Teil. Somit können wir mit höheren Budgets operieren, die es auch für Top-Talente attraktiver macht, in Deutschland zu bleiben statt z.B. in die USA abzuwandern. Dazu braucht Deutschland aber auch neue Förder-Instrumentarien, die zuverlässig Animation & VFX auf nationaler Ebene fördern, und zwar – analog zu Frankreich – auch im Bereich Serien.
— Ist nicht die Ausbildung von Animation Producern und Animation/Visual Storytelling eine sehr dringliche Angelegenheit? Wie lange würde es dauern es eine erkennbare deutsche Handschrift zu entwickeln, die Zuschauer als solche weltweit unterscheidbar wahrnehmen könnte?
Eine dringliche Angelegenheit ist die Ausbildung von Personal in unserer Branche auf jeden Fall. Insbesondere im Producing, das stimmt. Das Tolle an Animationsfilmen ist, dass sie grenzüberschreitend funktionieren und dass es eine große Vielfalt gibt, sowohl bei den Stories, also auch stilistisch. Wozu soll Deutschland also eine homogene Handschrift entwickeln, statt die Vielfalt zu zelebrieren und künftig hoffentlich auch mehr Experimente zu wagen, z.B. auch mal Filme für ein erwachsenes Publikum herzustellen?
Gleichzeitig fehlt es z.B. aus den USA völlig an Kinofilmen für die ganz junge Zielgruppe, also sog. ‚Preschool‘ (3-6 Jährige), die durch den ersten Kinobesuch noch ans Medium herangeführt wird. Dass wir dies in Deutschland bereits sehr erfolgreich tun dürfen, ist ein wirklich großartiger „Luxus“, der auch hilft, den besonderen Ort Kino aufrechtzuerhalten! Dass diese deutschen Filme dann auch noch an der Kinokasse erfolgreich sind, ist besonders erfreulich.
— Wie solidarisiert man die einzelnen nationalen Gruppen gemeinsam einer besseren Zukunft zuzuarbeiten? Wie schafft man eine Basis, wo konkurrierende Produzenten, Studios, Filmförderer, Lobbyisten und andere Alpha-Tiere konstruktiv zusammenarbeiten können ohne ihre eigenen Motivationen aufgeben zu müssen?
Konkurrenz ist gut. Aber nur durch Zusammenarbeit zwischen den europäischen Ländern kann die Branche noch stärker werden. Daran arbeiten wir u.a. bei Animation in Europe.
Vielen Dank für das Gespräch!